Bishop Esua – 2002

Ein Bischof aus Kamerun, der die deutsche Sprache liebt

 

Unterliederbach. Was tun, wenn man als Kameruner nie die Chance erhält, die Kicker der eigenen Fußballnationalmannschaft persönlich zu treffen? Einfach die “Eine-Welt-Gruppe” der Gemeinde St. Johannes-Apostel besuchen. So haben es Ephriam Bam und Makelia Ngi erlebt. Seit sechs Wochen sind sie hier zu Gast. Vor zwei Wochen sahen sie in Ingelheim ein Freundschaftsspiel zwischen dem FSV Mainz 05 und den “unbezähmbaren Löwen” aus Afrika. Dabei gab es auch Gelegenheit für Erinnerungsfotos mit dem deutschen Trainer Winnie Schäfer und Stars wie Rigobert Song.
Der eigentliche Anlass für den Besuch der beiden Kameruner ist natürlich ein anderer. Sie stammen aus dem Bistum Kumbo, das seit 14 Jahren das Partnerbistum Limburgs ist. Ephriam Bam kommt sogar aus der Gemeinde St. Joseph in Djottin, der Partnergemeinde von St. Johannes-Apostel. Am Dienstag weilte noch höherer Besuch in Unterliederbach: Bischof Cornelius Esua, der das Bistum vor 20 Jahren gegründet hatte, leitete gemeinsam mit Pfarrer Werner Meuer den Gottesdienst in der Pfarrkirche und stellte sich anschließend den Fragen der Gemeindemitglieder im Alten Pfarrhaus an der Königsteiner Straße. Weil er wegen einer medizinischen Untersuchung nach Rom musste, nutzte er die Gelegenheit,
seine Landsleute und das Partnerbistum kennen zu lernen.
“Es ist schön, dass sich viele Leute sehr für die Partnerschaft interessieren”, erzählte der 59-Jährige. Zugleich wunderte er sich aber auch. “Mein erster Eindruck war, dass hier wenig junge Leute in den Gottesdienst gehen. Der Gottesdienst ist hier sehr lebendig, aber bei uns ist er noch lebendiger. Wir singen und tanzen zwei, drei Stunden lang.” Seit er das Bistum gründete, stieg die Zahl der Katholiken im 600 000 Einwohner zählenden Bistum Kumbo von 70 000 auf 150 000 – “und es werden ständig mehr”, wie der Mann mit dem milden Blick erzählt. Seine gelassene Ausstrahlung überträgt sich schnell auf seine
Unterliederbacher Zuhörer, was auch an seinem fließenden Deutsch liegt. Deutsch war ein Pflichtfach während seines Studiums der Bibelwissenschaften, und später war er vier Jahre hintereinander für jeweils ein bis zwei Monate in Rhode bei Bocholt in der Diözese Münster als Vertretungspfarrer während der Ferien. “Ich liebe die deutsche Sprache”, sagte Bischof Esua.
Ephriam Bam und Makelia Ngi sind der deutschen Sprache noch nicht ganz so mächtig, aber sie arbeiten daran – in einem Deutschkurs. Ephriam Bam, der in Unterliederbach untergebracht ist, liest außerdem jeden Morgen das Höchster Kreisblatt – immer mit einem Finger im Wörterbuch. “Die Leute der ,Eine-Welt-Gruppe‘ kümmern sich toll um uns”, berichtet der 22- Jährige. Die Umstellung von ihrer ländlichen Heimat in das hektische Frankfurt fällt ihm nicht leicht. “Es ist schwierig mit dem vielen
Verkehr. Es ist interessant, dass in Deutschland jeder Auto fährt.” – “Ganz anders als bei uns”, wirft Makelia Ngi ein. “Bei uns werden die meisten Strecken zu Fuß zurückgelegt”, erzählt die 24-Jährige. In ihrer Heimat ist sie Grundschullehrerin. Sie ist in Sachsenhausen untergebracht und wird ab November ein neunmonatiges Praktikum beim Katholischen Jugendamt in Frankfurt absolvieren. Epriam Bam wird zur selben Zeit Unterliederbach verlassen, um in Limburg beim Bund der Deutschen Katholischen
Jugend ein Praktikum zu machen.
“Partnerschaft ist aber kein einseitiger Weg”, sagt Stefan Hecktor von der “Eine-Welt-Gruppe”. Zusammen mit Martina Ruhs und Ulf Erdmann wird er am 10. Oktober für zwei Wochen nach Kumbo aufbrechen. Einen Bericht über diese Reise werden sie anschließend im Höchster Kreisblatt lesen.
(pvf)


Quelle: Höchster Kreisblatt vom 27.09.2002, S. 15 und St. Johannes Ap.