Pardon, pardon, pardon ! – Marie Christine Petz

Pardon, pardon, pardon !

Ganz Herzliche Grüsse aus Cameroun!

Ich weiß der Brief ist schon längst überfällig ? aber in letzter Zeitist einfach viel zu viel dazwischen gekommen.

Unter anderem haben wir momentan fast jeden Tag Stromausfall, auch heute Morgen war das wieder der Fall. Wenn ein Gewitter aufzieht was momentan sehr häufig ist, dann kann man sich fast sicher sein das der Strom auch nicht mehr von langer Dauer ist.

Momentan bin ich in Yaoundé, höre SWR3 und profitiere von dem kostenlosen Internetzugang, den es im Maison Pallotti gibt.

Das Schuljahr neigt sich langsam dem Ende zu. Die Maternelle (Vorschule) hat schon vor zwei Wochen ihrer Tore geschlossen, sodass sehr ruhig geworden ist.

Morgen werde ich mit Freunden zur ersten Reise aufbrechen. Wir werden den Mount Cameroun (über 4000m hoch) besteigen, wobei wir 3000 Höhenmeter zu Fuß zurück legen. Im Anschluss erholen wir uns dann noch ein paar Tage an den Traumstränden Kameruns.
Klingt doch wie ein äußerst guter Plan, oder?

Aber jetzt zurück zu dem was war!

Ich hoffe ich vergesse nicht zu viel, naja ich fange halt man an.

1.)Arbeit
Nach denn Osterferien hatte ich sehr viel in der Maternelle zu tun. In denn ersten Wochen war ich hauptsächlich damit beschäftigt mir ein Bild von meinen Kindern und der gesamt Situation zu machen. Es ist erschreckend wie sehr die behinderten Kinder (körperlich wie geistig)hier vernachlässig- ja übersehen werden. Durch dieses wegsehen, hervorgerufen durch Unwissenheit, weiß man im ersten Moment gar nicht wo man als erstes anfangen soll, da es an allem mangelt.
Die Schwestern wissen um die Notwendigkeit diese Situation zu ändern, doch leider ist es nicht so leicht diesem Problem entgegen zu wirken.
Ist eine Krankheit nicht unmittelbar sichtbar wird sie von der Bevölkerung vertränkt. Ein Junge in meiner Gruppe ist körperlich und sprachlich ganz unauffällig, jedoch so Wahrnehmungsgestört und hyperaktiv das er gar nichts auf die Reihe bekommt. Ich gehe momentan fest davon aus, das seine Eltern in das nächste Jahr in die Schule stecken werden, was eine Katastrophe wird.
Was die anderen Kinder betrifft so finde ich fast ausschließlich Krankheitsbilder vor, die man so in Deutschland nicht finden würde, da man es erste gar nicht soweit kommen lassen würde. Benjamin z.B. ist durch mangelnde Ernährung nachträglich stark geistig zurück geblieben. Ein anderer Junge (Paul) hat durch Polio einen deformierten Fuß, was zu Folge hatte das das ganze Bein im Verlauf nicht mehr gleichmäßig mit gewachsen ist. Ein anders Mädchen hat eine so starke Hüftfehlstellung, das es nur eine Frage der Zeit bis sie große Probleme bekommt.
Aber jetzt mache ich mal Schluss damit nur egatives zu erzählen.
Die Kinder sind sehr liebenswert und ich freue mich schon sehr nach denn Ferien weiter mit ihnen arbeiten zu können. Mir springen schon viele Ideen im Kopf herum, die ich jetzt in denn Ferien versuche etwas zu sortieren.

2.)Deutschnachhilfe:
Neben meinen Aufgaben in der Maternelle habe ich in den letzten Wochen Nachhilfe für die Jugendlichen des Gemeinde gegeben ? sie schreiben gerade in diesem Moment Abitur???????., sorry musste gerade mal die Daumen drücken.

3.) Akklimatisierung :
Ich habe feststellen müssen das es nicht sehr gesund ist in der Sonne Sport zu machen. Nach einem kurzen Wettrennen war ich so erschlagen das ich den Rest des Tages mit einem Sonnenstich im Bett gelegen habe ?.ups.
Ein paar Tage später hatte mich dann eine starke Erkältung erwischt, mit der ich mich fast zwei Wochen rum geplagt habe. Die Krönung des Ganzen war, direkt im Anschluss, meine erste Malaria ? ein Bruder sagte gerade eben noch mal, dass das meine Kameruntaufe war ?
Mittlerweile bin ich aber wieder Top fit!

4.)Weiter Erfahrungen und Erlebnisse
Da ich weiterhin der Fahrer der Schwestern bin komme ich viel herum und erlebe dadurch auch sehr viel. Vor einigen Wochen war ich mit einer Schwester auf einer Beerdigung. Ich glaube ich habe noch nie solche Emotionen erlebt.
Bei der Toten handelte es sich um ein 20jähriges Mädchen, das an ihrem Geburtstag einen tödlichen Motorradunfall hatte. Der Trauergottesdienst fand in ihrer alten Schule statt und es waren Schätzungsweise 2000 Leute da. Die Menschen lassen hier ihrer Trauer freien lauf. Einige Leute, besonders beim letzten betrachten der Toten, sind regelrecht vor Kummer und Tränen zusammengebrochen. Nach der Trauerfeier wurde der Leichnam dann in ihr Heimatdorf gebracht. Wenn ich bisher gedacht hatte das Höchstmass an Emotionalität erlebt gehabt zu haben, so wurde ich schnell eines besseres belehrt. Die Familie die größtenteils nicht bei der Trauerfeier dabei gewesen war, tanzte und schrie sich regelrecht in Ekstase. Es war so schrecklich das selbst ich die die Tote gar nicht kannte weinen musste.

Ach die Zeit läuft mir schon wieder davon Ich komme gerade vom Essen und werde schon bald wieder von einem Bruder abgeholt um die letzten Besorgungen für meine Reise zu erledigen.

Ach ja vielleicht noch eine Sache, die besonders für die Leute in Unterliederbach interessant sein dürfte. Ich hatte vor ein paar Wochen Besuch von Christina, einer anderen Frankfurterin die ebenfalls für ein Jahr hier in Kamerun. Sie war in der Gegend und besuchte mich für ein Wochenende. Es war sehr schön sich mal ganz einfach auf Deutsch mit jemanden austauschen zu können. Ich zeigte ihr Sangmelima so wie ich es bisher kenne.
Einen anderen Tag zogen wir mit einer Schwester los die uns unter anderem das Waisenhaus von Sangmelima zeigte. Es war auf der einen Seite schön doch auf der anderen Seite auch sehr bedrückend. In dem Waisenhaus leben um die 50Kinder die von zwei Schwester und einer Köchin betreut werden. Da bleibt nicht viel Zeit für den Einzelnen!
Ich war in zwischen noch ein zweites mal da und schon wieder ist ein neues Baby da. Die Kinder sind zwischen einem Monat und 17/18 Jahren.
Oft bleibt nicht die Zeit die Babys mehr als zwei, drei mal am Tag zu wickeln.

Hier in der Gemeinde habe ich mich schon mit einigen Jugendlichen angefreundet. Wenn ich das so schreibe, so muss man sagen das es hier eine andere Größe hat, da man hier oft zunächst nur deshalb angesprochen wird weil man weiß ist. Gehe ich z.B. nachmittags in die Stadt rufen mir viele “blance” (Weiße)hinterher was nicht in jedem Fall freundlich gemeint ist.
Ich versuche es mir nicht so arg zu Herzen zu nehmen, doch es ist nicht immerleicht.

So jetzt muss ich wirklich Schluss machen ich werde schon gerufen.

Auf bald lieben Gruss

Eure
Marie