Der vierte Bericht aus Kumbo in Kamerun
Wieder einmal blicke ich auf eine spannende und erfahrungsreiche Zeit zurück. Das Leben hier erscheint mir so viel intensiver, jeder einzelne Tag birgt neue Anforderungen und wird in seinem vollen Maße gelebt und genutzt.
Nach vier Monaten Trockenzeit hat seit Ende März nun wieder die Regenzeit angefangen ��” und somit auch wieder die Zeit für Pullis und lange Hosen! Hat man einmal die Regenzeit direkt nach der Trockenzeit miterlebt, fällt einem auch sogleich der Unterschied auf, sobald der Regen wieder einsetzt: Es scheint, als ob alles wieder aufatmen würde. Die Menschen werden seltener krank, und die Landschaft verwandelt sich in ein Farbenspiel von unterschiedlichem Grün. Noch nie ist mir das Wachsen und Gedeihen von Pflanzen so sehr aufgefallen wie hier in Kumbo. Man kann regelrecht beobachten, wie das Getreide und Gemüse wächst und von Tag zu Tag grüner und stärker wird.
Das Einkaufen am Markt hingegen wird zu einem etwas schwierigeren Unternehmen, besonders während und nach einem Regenschauer. Der Boden ist aufgeweicht und matschig, und nachdem man sich durch Menschen, Tiere, Marktstände und Matsch aufspritzende Schubkarren hindurch geschlängelt hat, ist man nicht selten bis zu den Knien mit einer schönen roten Schicht bedeckt.
Auch das Reisen wird schwieriger, da die unbefestigten Straßen oft ebenfalls sehr matschig sind und die Fahrt dann nicht selten ��” besonders zu entlegenen und schwer erreichbaren Dörfern ��” zu einer Rutschpartie wird. Und das wird durch die oftmals überfüllten Autos nicht vereinfacht!
Im März hatte ich die Möglichkeit, neue Aspekte und Arbeitsbereiche im Bistum Kumbo kennenzulernen. Ich durfte nämlich für einen Monat im „Printing & Communication Centre” (PCC) mitarbeiten, was sich als sehr interessant und lohnenswert erwies. Man kann sagen, dass das PCC hauptsächlich in zwei große Arbeitsbereiche gegliedert ist. Zum einen leitet das PCC ein Internetcafé, das jedoch leider von nicht allzu vielen Menschen besucht wird. Verschiedene Faktoren spielen dabei eine Rolle. So wurde mir z.B. erklärt, dass die Computer alt seien und somit zunehmend Probleme haben, was vor allem durch den häufigen Stromausfall verursacht wird. Der zweite große Aufgabenbereich des PCC ist die Druckerei. Viele verschiedene Aufträge, wie z.B. das Entwerfen und Drucken von diversen Einladungskarten und lokalen Zeitungen bis hin zum Drucken von Schulprüfungen, werden hier bearbeitet. Während meines Aufenthaltes waren wir vor allem damit beschäftigt, die Examen für die katholischen Grundschulen zu drucken oder auch kleine Begleithefte für die anstehende Priesterweihe. Beides waren große Aufträge, die leider sehr zu Lasten der einzigen Druckmaschine des PCC gingen und die Probleme, die diese Maschine ohnehin bereits hatte, nur noch verstärkten.
Zu Beginn meiner Arbeit im PCC wurde ich von allen Mitarbeitern sehr herzlich empfangen und geduldig in ihre jeweiligen Aufgabenbereiche eingeführt. Mir wurde erklärt, wie die verschiedenen Geräte in der Druckerei funktionieren, so dass ich im Laufe der Zeit selbst fähig war, diese zu bedienen. Auch durfte ich viel mit drei erwachsenen Schülerinnen einer Computerschule zusammenarbeiten. Diese machten zu meiner Zeit ein einmonatiges Praktikum im PCC. Ich führte sie in die Grundkenntnisse des Internets ein und zeigte ihnen, wie einige der Maschinen funktionieren.
Besonders beeindruckt hat mich auch das Interesse derjenigen Mitarbeiter des PCC, die bisher noch nicht die Gelegenheit gehabt hatten, Deutsch zu lernen. Sie waren sehr interessiert zu erfahren, wie das Leben und die Arbeit in Deutschland aussehen. Auch an der deutschen Sprache waren sie interessiert und konnten gegen Ende meines Aufenthaltes bereits auf Deutsch zählen und einige Wörter und Sätze bilden. Wir lernten uns alle viel besser kennen, und durch die gemeinsame Arbeit entwickelte sich ein sehr freundschaftliches Verhältnis zueinander. Ich blicke also auf meinen Monat im PCC als eine sehr spannende und vielseitige Zeit zurück und bin froh, dass ich die Gelegenheit hatte, dort mitzuarbeiten, auch wenn die Zeitspanne von einem Monat relativ kurz und viel zu schnell vorbeigegangen ist.
In den vergangenen Monaten gab es auch wieder etliche Feste, die sich ereigneten. Der „Internationale Frauentag” am 8. März wurde in Kamerun sehr groß gefeiert. Anlässlich dieses Festtags wird ein besonderer Stoff produziert, der jedes Jahr unterschiedlich ist und aus dem sich die Frauen extra für diesen Tag ihre Kleidung nähen lassen. Alle Frauen treffen sich dann auf einem großen Platz und, ähnlich wie am Tag der Jugend, wird in einzelnen Gruppen feierlich marschiert. Dabei wird viel getanzt und gesungen, und in ganz Kamerun gehört dieser Tag einfach nur den Frauen.
Ein anderes Fest war die Weltjugendtagsfeier im Bistum Kumbo Mitte März. Rund 2.000 (!) Kinder und Jugendliche trafen sich in Binju-Nkambe, einer etwa 2,5 Stunden von Kumbo entfernten Gemeinde. Das Programm für die zwei Tage war kunterbunt: Neben dem Besuch beim Fon (dem traditionellen Oberhaupt eines Volksstammes), verschiedenen Tanz-nd Gesangsdarbietungen, Gebetsrunden und Andachten wurde auch die Papstrede zum Weltjugendtag in Köln 2005 verlesen. Ebenso gab es einen Vortrag der Vereinigung „Justice & Peace“ (Gerechtigkeit & Frieden) des Bistums Kumbo zum Thema Entschuldung.
Nachdem zunächst die Situation, Kamerun und die ganze Welt betreffend, geschildert worden war, wurde an jede/n volljährigen Teilnehmer/in appelliert, durch seine/ihre Unterschrift einen kleinen Beitrag zu leisten. Gegen Ende durfte „Justice & Peace“ eine Menge neuer Unterschriften verzeichnen. Den Höhepunkt dieser diözesanen Weltjugendtagsfeier bildete die Palmsonntagsmesse mit dem „Apostolic Administrator”, unserem früheren Bischof Esua, der zu dieser Gelegenheit eigens aus Bamenda angereist war und, wie er meinte, wohl nun leider das letzte Mal die Ehre hatte, mit der Jugend des Bistums Kumbo zusammen den Weltjugendtag zu feiern.
Eine Woche nach der Weltjugendtagsfeier stand bereits Ostern vor der Tür. Abgesehen von Karfreitag und natürlich Ostersonntag, an denen wir arbeitsfrei hatten, mussten wir die anderen Tage über ganz normal arbeiten. Der Gottesdienst in der Osternacht war jedoch sehr schön. Vor dem Dom wurde das Osterfeuer entzündet, das die bereits dunkle Nacht (obwohl es erst 19.00 Uhr war) erhellte und anschließend auch die vielen Kerzen in der zu Beginn noch dunklen Kirche zum Leuchten brachte. Als die Ostermesse dann ungefähr drei Stunden später zu Ende war und wir die Kirche verließen, hatte alle das Gefühl, als ob eine besondere Osterstimmung über Kumbo läge.
Während der Osterzeit habe ich mit meinen Deutschschülern zusammen Eier ausgeblasen. Diese haben wir bemalt und im Jugendzentrum aufgehängt. Dadurch kam ein bisschen Osterstimmung auf, und alle fanden die Osterdekoration so gelungen, dass die bunten Eier jetzt immer noch an ihren jeweiligen Stellen hängen ��” und wohl auch noch für eine Weile dort hängen bleiben werden!
So wie ich in der Vorweihnachtszeit nicht erwartet hätte, dass ich Weihnachten mit Weihnachtsbäumen
feiern würde, so rechnete ich auch dieses Mal nicht sonderlich damit, ein Osterfest mit gefärbten Eiern zu verbringen. Und wieder kam alles anders: Ephraim und Makelia, zwei sehr gute Freunde, hatten noch eine letzte Packung mit Eierfarben gefunden, d
ie sie von ihrem Auslandsjahr in Deutschland mitgebracht hatten. Nachdem wir auf das Verfallsdatum geblickt hatten und es noch Gültigkeit zeigte, machten wir uns mit großem Eifer daran, unsere frischen Eier zu färben. Damit hatten wir zu unserem gemütlichen Osterfrühstück neben Brot und Kuchen auch noch gelbe, rote, blaue und sogar grüne Eier ��” nur der Osterhase, der die Eier verstecken sollte, hat gefehlt!
Der Tod von Papst Johannes Paul II. eine Woche später hat die Menschen hier sehr tief berührt. Überall wurde über ihn und sein Handeln gesprochen, die Zeitungen waren voll vom verstorbenen Papst und seinem Leben. Es wurde viel für ihn gebetet und verschiedene Gottesdienste wurden gehalten. An dem Tag seiner Beerdigung haben wir dann alle frei bekommen, damit wir den Gottesdienst im Fernseher mitverfolgen konnten. Als es gegen Ende zuging, musste dann ��” wie konnte es auch anders sein ��” der Strom ausfallen. Nachdem wir einige Minuten gewartet hatten ��” ich schaute mit einigen Schwestern und Pfarrern im Bishop’s House ��” wurde kurzerhand der Generator angeschaltet, und wir konnten die letzten 20 Minuten der Übertragung wieder miterleben.
Anderthalb Wochen später dann die Neuigkeit, dass ein neuer Papst gewählt worden sei ��” und noch dazu einer aus Deutschland. Die Meinungen über Papst Benedikt XVI. sind gespalten, doch mir wurde gratuliert, als ob ich persönlich Papst geworden wäre.
Ende April bin ich für ein Wochenende nach Sangmelima gefahren, um Marie-Christine, eine andere Freiwillige aus Frankfurt, zu besuchen. Ich habe die Zeit dort sehr genossen, denn es tat gut, sich einmal auf Deutsch über unsere Erfahrungen gegenseitig austauschen zu können. Sangmelima befindet sich im Süden von Kamerun ��” also eine ganz schöne Strecke von Kumbo, das im Nordwesten liegt, entfernt. Einen Tag benötigte ich, um nach Yaoundé, der Hauptstadt Kameruns, zu gelangen. Von dort ging es dann am nächsten Tag weiter nach Sangmelima. An der Busstation in Yaoundé erlebte ich mein blaues Wunder. Als ich mich erkundigte, wann denn der Bus nach Sangmelima abfahren solle, wurde mir
8.30 Uhr als Abfahrtszeit angegeben. Die Busse in der Nordwest-Provinz gewöhnt, die sich nicht sonderlich an die Zeiten halten, sondern erst dann abfahren, wenn sie voll bzw. überfüllt sind, hatte ich mich also darauf eingestellt, dass wir nicht vor 10.30 Uhr abfahren werden. Doch hier erlebte ich das Wunder. Punkt 8.30 Uhr ��” auf die Minute genau ��” fuhr der Bus ab und das Beste: Der Bus war nur halb voll! Ich war einfach sprachlos. Und als ich zwei Stunden später in Sangmelima ankam, konnte ich mich vor Staunen kaum halten: Die Straßen hier in der Region können es gut mit deutschen Schnellstraßen aufnehmen ��” ich habe noch nie derart gute Straßen in Kamerun erlebt. Doch nahm man in Betracht, wo man sich befand, war dann doch alles kein Wunder, denn Sangmelima ist der Geburtsort des Präsidenten Paul Biya und in Yaoundé hat er seinen Regierungssitz ��” wie sollte es dann auch anders sein!
In Sangmelima wurde mir das erste Mal so richtig bewusst, wieviel Glück ��” von der Infrastruktur einmal abgesehen ��” ich mit meinem Aufenthalt in Kumbo und somit in der englischsprachigen Provinz habe. Was meine ich damit? In Kumbo kann man z.B. ganz normal auf der Straße gehen und, wie es hier ganz natürlich ist, grüßt man eigentlich so jeden, den man trifft ��” gleichgültig, ob man die Person kennt oder nicht. Dabei hat man jedoch nie die Befürchtung, dass man gleich fünf unerwünschte Begleiter neben sich hat, die man kaum� wieder los wird. In Sangmelima und dem französischsprachigen Gebiet kam mir die Mentalität der Menschen jedoch sehr viel anders vor: Als „Weißer” wird man erst einmal komisch betrachtet, und man überlegt sich zweimal, ob man eine unbekannte Person grüßen soll oder nicht. Das ist ganz seltsam ��” und hätte ich diese Erfahrung nicht persönlich gemacht, hätte ich sie nur schwer für möglich gehalten.
Ein anderer Ausflug führte mich nach Kribi, das auch im Süden auf ungefähr gleicher Höhe wie Sangmelima liegt, jedoch weiter westlich und direkt an der Küste. Kribi ist wie Limbe ein kleiner Badeort. Es wurde von den Deutschen während der Kolonialzeit gegründet, an die noch einige Gebäude erinnern. Das Städtchen ist für seine schönen Strände bekannt, die angeblich zu den schönsten in Kamerun gehören. Im Gegensatz zu Limbe und seinem schwarzen Sand findet man in Kribi feinen gelben Sand mit Kokospalmen direkt am Strand, so dass man glatt aufpassen muss, dass einem die Kokosnüsse nicht auf den Kopf fallen. Dahinter erstreckt sich dann ohne Übergang der dichte, tropische Regenwald, der sich in alle Richtungen ausweitet. Und wieder einmal konnten wir die unglaublich hohe Wassertemperaturgenießen.
Ein Tagesausflug brachte mich nach Kishong, einem nicht weit von Kumbo entfernten Dorf. Die evangelische Jugend hatte mich eingeladen, sie zu ihrer Jugendfarm zu begleiten. Den ganzen Tag haben wir den Boden bestellt und anschließend dann auch gleich Bohnen angepflanzt. Ich hätte nicht gedacht, dass mir das so viel Spaß bereiten könnte. Zwar war es nicht immer einfach, aber wie die Afrikaner so sind: Jeder hat mitgeholfen, gleichzeitig wurde viel gesungen und gelacht, und somit war die Arbeit gleich viel einfacher. Mittags haben wir uns zwei Hühner mit Reis auf offenem Feuer (der traditionellen afrikanischen Kochstelle) zubereitet und konnten dann gut gestärkt unsere Arbeit fortsetzen. Am nächsten Tag spürte ich dann zwar doch etwas meinen Rücken und meine Hände, dennoch war es ein gutes Gefühl, da man wenigstens wusste, dass man etwas geschafft hatte.
Soweit die Ereignisse der letzten Monate. Blicke ich auf die noch kommende Zeit, kann ich kaum glauben, dass mein Aufenthalt nun so langsam, aber sicher zu Ende geht und mir nur noch knapp zwei Monate in Kumbo bleiben. Dieser ist nun wohl auch der letzte Bericht, den ich Euch aus Kamerun schicke; der nächste und letzte wird dann nach meiner Rückkehr erfolgen und auch die Erlebnisse und Erfahrungen des Weltjugendtags und der Kumbo-Delegation im August 2005 in Köln beinhalten.
Gleichzeitig möchte ich Euch an dieser Stelle schon einmal im voraus zu einem bunten Kamerun-Abend im September in Frankfurt einladen.
Bis dahin wünsche ich Euch alles Gute und einen schönen Sommerbeginn!
Krysia Peterek
Catholic Diocese Kumbo ��” Youth Team
P.O.Box 115
KUMBO
N.W.Province, CAMEROON
e-mail: Peterek2@yahoo.de
Handy: 01015-00237-7352191